Arbeitshilfe

The Food Challenge – Wie die Ernährung sichern

Dokumentarfilm von Katja Becker und Jonathan Happ
Deutschland 2019, 3 x 26 Min.

Teil 1: Giftiges Geschäft

Wir sind dünn wie eine Nadel,
unsere Herzen schlagen schnell
Hunger verfolgt uns
Wir gehen in verschiedene Städte
und suchen nach Mais
Wir machen kleine Jobs in der Stadt,
und ein halbes Kilo Mais kostet 100 Ksn
Wir sind hunderte zu Hause,
die Kinder weinen
sie können den Hunger nicht aushalten
Hunger zerstört sie
Fühlst du Mitleid mit ihnen
Ich möchte euch das erzählen
Helfer werdet ihr ihnen etwas geben?
Warum müssen wir hungrig schlafen?

(Für den Film produzierter Song des kenianischen Rappers Makwekwe)

Inhalt

„Die Herausforderung der Lebensmittelsicherheit fängt in Kenia an, wichtig zu werden.“  (Daniel Maingi)

Ein Markt irgendwo in einem Außenbezirk der kenianischen Metropole Nairobi. Daniel Maingi von der Nichtregierungsorganisation Kenya Food Rights Alliance ist unterwegs, um Gemüse zu kaufen. Den Experten treibt ein Verdacht um: Er befürchtet, dass die auf Ackerflächen zunehmend versprühten Chemikalien Rückstände von Giften in Nahrungsmitteln hinterlassen. Ihm ist der wachsende Einfluss der Agrar- und Chemieindustrie in Kenia ein Dorn im Auge. Deshalb lässt er seine Einkäufe am Institut für öffentliche Gesundheit an der Universität in Kenia auf Rückstände untersuchen.

Die Liste der in Kenia offiziell registrierten giftigen Stoffe ist lang, wie die Umweltwissenschaftlerin Silke Bollmohr berichtet. 700 unterschiedliche Pestizide aus der ganzen Welt sind registriert, davon 173, hergestellt von den Chemie-Multis Bayer, Syngenta und BASF. In Europa ist jedes dritte Pflanzenschutzmittel, das auf kenianischen Äckern ausgebracht wird, verboten. Zu groß das Risiko, an den Giftstoffen zu erkranken. In Kenia sind Unkrautvernichter wie Roundup von Bayer oder Touch down von Syngenta Verkaufsschlager. Sie enthalten das umstrittene Glyphosat, das in Verdacht steht, Krebs auszulösen. Die Voraussetzungen für eine wirksame staatliche Kontrolle über Spuren der Giftstoffe in der Nahrungskette in Kenia sind schlecht. Die Labore sind mangelhaft ausgestattet und Monitoring-Programme für Flüsse, für Böden, für Bienen, für Insekten, wie wir sie in Europa kennen, gibt es in Kenia nicht, erklärt die Wissenschaftlerin. Die Ergebnisse des Uni-Labors über die Wirkstoffe in Daniels Marktgemüse geben ihr recht: Viele vermutete Rückstände können von dem staatlichen Labor technisch nicht nachgewiesen werden, doch Maingi erfährt, dass sich das weltweit seit langem geächteten Pestizid DDT nachweisen lässt.

Weitere Recherchen, Fakten und Kommentare aus dem Off, die die Ergebnisse von internationalen wissenschaftlich durchgeführten Studien berücksichtigt, arbeiten allmählich eine Schieflage heraus.  Der Zorn ist Daniel Maingi ins Gesicht geschrieben, wenn er sich über doppelte Standards aufregt. Europa verbietet auf dem eigenen Markt bestimmte Giftstoffe. Ackergifte, wie sie beispielsweise in dem Produkt Attelic Super von Syngenta enthalten sind, werden mit Einwilligung der kenianischen Regierung jedoch ins Land gelassen. Gelten für Bauern und Verbraucher in Afrika niedrigere Gesundheitsstandards als für Europäer oder US-Amerikaner? Dort ist Attelic Super wegen der hoch toxischen Wirkung des Stoffes Permethin auf Fische und Bienen vom Markt genommen worden. Doch bei kenianischen Bäuerinnen wie Lydia ist Attelic beliebt, weil es Schädlinge und Larven tötet.

Die Geschichte des staatlich ausgebildeten Sprühers Joseph, der sich und seine Familie, ohne Schutzmaßnahmen zu ergreifen, beim Besprühen der Felder in der dörflichen Umgebung den Giftwolken aussetzt, macht das Dilemma deutlich: Die Leute wissen um die Risiken und Nebenwirkungen. „Es gibt einen Zusammenhangt zwischen Brustkrebs und dem starken Einsatz von Chemie“, sagt Josep im Gespräch mit einer Ordensschwester in einer ländlichen Krankenstation.  Doch sie nehmen das in Kauf. Deutlich wird, dass sich die Anwendungshinweise der Hersteller unter lokalen Bedingungen oft nicht umsetzen lassen. Vertreter von Bayer East Africa argumentieren hingegen im Film, dass bei richtigem Gebrauch keine gesundheitlichen Probleme auftreten: „Innovation ist für uns der wichtigste Schlüssel. Für uns bei Bayer als Unternehmen. Wir führen moderne Produkte ein, die für Landwirte moderne Problemlösungen anbieten,“ so Rhodah Aura von Bayer East Africa.

Bewertung

Kenia steht vor der Herausforderung, eine wachsende Zahl der Bevölkerung auf gleichbleibenden Flächen langfristig und sicher zu ernähren. Schätzungen besagen, dass sich die Zahl der KenianerInnen bis 2050 verdoppelt haben wird. Angesichts steigender Nachfrage nach Nahrung, häufigen Dürreperioden, Insektenplagen wie den in Ostafrika weit verbreiteten Army Worm und ausgelaugten Böden stößt eine Produktionssteigerung in vielen Regionen an Grenzen. Mit Rückendeckung der Regierung versucht die Chemieindustrie, die Bauern daher in die chemische Landwirtschaft zu bringen und von den Vorteilen von industriell hergestellten Pflanzenschutzmitteln, Dünger und Hybridsaatgut zu überzeugen. Kenia hat in den letzten 15 Jahren den Import von Pestiziden vervierfacht. Überall im Land bieten Agrarshops ein ganzes Sortiment an Mitteln an, die für jedes Problem eine schnelle wirksame Lösung versprechen. Kopiert Kenia die konventionelle Landwirtschaft und nimmt dabei ein hohes Maß an Risiken für Mensch und Umwelt in Kauf?  In diesem konflikthaften Spannungsfeld bewegt sich der Film.

Der Hauptprotagonist ist Daniel Maingi. Er vertritt deutlich die Position der Non Profit Organisation Kenya Food Rights Alliance, die sich für das Menschenrecht auf Nahrung einsetzt. Anhand seiner Beobachtungen und Kommentare wird das komplexe Thema aufgefächert. Agrarmultis wie Bayer und Syngenta erscheinen als treibende Akteure, die in Afrika, dessen Landwirtschaft in weiten Teil noch kleinbäuerlich und mit traditionellen Mitteln bewirtschaftet wird, einen riesigen Markt wittern und die Gefahren klein reden. Alles unter dem Vorwand, die kenianische Bevölkerung von den Vorzügen der modernen industriellen Landwirtschaft zu überzeugen. So sieht es zumindest der Mann von der Menschenrechtsorganisation. Um dem Zuschauer nicht nur die subjektive Sicht seines Protagonisten nahe zu bringen, blendet der Film eine Reihe von Infografiken und Quellen ein und lässt auch Vertreter zu Wort kommen, die auf industrielle Lösungen setzen. Gewicht erhalten die Ergebnisse der Recherchen einer Umweltwissenschaftlerin, die das Thema der doppelten Standards einläutet. Somit rückt das manifestierte Ungleichgewicht zwischen europäischen und afrikanischen Akteuren in den Fokus. Europäische Konzerne nutzen die Schwäche und die niedrigen Standards des ostafrikanischen Landes, um ihre Produkte, für die sie auf dem Markt in Europa und in den USA keinen Absatz finden, zu verkaufen. Das funktioniert, weil die Messlatte für die Exporte aus der EU nicht europäischem Recht folgen, sondern sich die EU-Exporte an dem niedrigsten Standard eines Mitgliedlandes der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ausrichten kann.  Und Kenia hat einen der niedrigsten Standards beim Einsatz von Pestiziden. Das mutet zynisch an und bettet den „Fall“ Kenia in eine Grundsatzdiskussion über unfaire Handelsstrukturen, Macht der Konzerne, Kalkül der Regierung und kritisches Bewusstsein von Verbrauchern, die sich den Gefahren einer chemisch-industriell geprägten Landwirtschaft nicht länger aussetzen wollen, ein.  

Teil 2: Ursachen des Hungers

Marasmus* macht uns Angst
Anämie verletzt uns
Wir sind blutarm
Blutspender, helft ihr uns?
Selbst unsere Haare fallen aus
Kindergesichter sehen alt aus
Die Augen ziehen sich zurück
Hunger ist von allem die Ursache!
Und der Hunger wird stärker
Krankheiten kommen zurück.
Kannst du uns eine ausgewogene Ernährung geben?
Früchte, damit sich unser Körper stärken kann?

*Krankheit infolge von Proteinmangel

(Für den Film produzierter Song des kenianischen Rappers Makwekwe)

Inhalt

„Sie werden heute als kriminell bezeichnet, weil es eine kriminelle Handlung ist, Saatgut aufzubewahren“ (Daniel Maingi)

Eine katholische Schule im westlichen Kenia. Sister Josephine ist Lehrerin dort und weiß, dass wenn die Ernte schlecht ist oder ausfällt, die Teller zuhause oft leer bleiben. Kinder kommen hungrig in die die Schule. Sie wirken apathisch, müde und zeigen Anzeichnen von Unter- oder Mangelernährung. Einer der Protagonisten, Wesley K. Rotich, von der kenianischen Firma Pakons, ist motiviert, neue Strategien zu entwickeln, um den dringend gebotenen Wandel in der Landwirtschaft mitzugestalten. Er stellt eine Kernfrage nach der geeigneten Technologie, um bessere Ernteeinträge zu erzielen und will Kleinbauern davon überzeugen, dass Landwirtschaft ein Geschäftsmodell werden kann, mit dem man Geld verdienen kann, genauso wie mit jeder anderen Arbeit. Für die kenianische Regierung hat das Wachstum der Landwirtschaft Priorität. Ein großes Augenmerk legt sie auf den Einsatz von modernem importiertem Hybridsaatgut, welches resistent gegen Schädlinge und Krankheitsbefall sein und höhere Erträge erzielen soll, zum Beispiel in der Maisernte.

Daniel Maingi von der Kenya Rights Food Alliance verlässt Nairobi für einen Projektbesuch bei einem Projektpartner Cosmas. Der Farmer pflanzt bewusst altes Mais-Saatgut an und fährt  damit bessere Ernteerträge ein als sein Nachbar, der auf modernes Hybridsaatgut setzt.  Auch der Agrarexperte Maingi ist nicht davon überzeugt, dass die neuen Sorten den alten Sorten gegenüber überlegen sind. Im Gegenteil. Er glaubt, dass hinter der Kriminalisierung von Farmen durch neue Gesetze, die dem einzelnen Bauern verbieten, sein Saatgut zu vermehren und zu tauschen, die Geschäftsinteressen großer Agrarkonzerne stecken und die Regierung Kenias davor eingeknickt ist. 

Der Agrarexperte Gert Gerdes leitet das Programm der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit – GIZ - zur Sanierung von ausgelaugten und übersäuerten Ackerflächen. Er besucht ein Projekt, das auf Öko-Landbau setzt und einen Nährstoffkreislauf praktiziert. Cosmas Uduer Otieno ist optimistisch: „Nach dieser Zeit können wir sagen, dass wir die Erträge des Mais und der Böden um 30 Prozent erhöht haben.“ Dabei spielt die Heilpflanze Desmodium, die zur Bodenfruchtbarkeit beiträgt, eine wichtige Rolle. Der zusätzliche Arbeitsaufwand zahlt sich aus, so dass die kommende Generation dieses Land wieder aufwertet und so fruchtbar hinterlässt, „wie Gott es geschaffen hat“, sagt der Familienvater stolz in die Kamera.

 „Keine Bienen, keine Bestäuber – kein Leben! Kein Geld für Honig. Kein Geld für Lebensunterhalt – kein Essen auf dem Tisch“. Für die Leiterin des Instituts des Landwirtschaftsministeriums und für Tierschutz, Dr. Grace Asiko, ist es eine Herzensangelegenheit, Bauern zu überzeugen, auf ihren Landflächen Bienenstöcke aufzustellen: „Wenn du Obstbäume bei dir gepflanzt hast, kannst du eine qualitativ hochwertige Produktion gewährleisten. Wegen der Bestäubung.“

Bewertung

Gutes Essen für alle! Wo liegen die Ursachen für Hunger? An welchen Stellschrauben muss gedreht werden, um Hunger zu überwinden? Welche Strategien muss die Regierung ergreifen, damit Ernährungssicherheit in allen Regionen Kenias erreicht wird? Ist der Einsatz von Hybridsaatgut aus den Labors der großen Agrarkonzerne des Westens die Lösung? Auf diese Fragen versucht der Film eine Antwort zu geben.

 Im Kern dreht es sich um eine Grundsatzfrage, die so alt ist, wie die industrielle Bewirtschaftung der Äcker, die ihren Siegeszug nach dem Zweiten Weltkrieg auf den Flächen in Amerika und Europa begann. Von zentraler Rolle ist das Saatgut als Keimzelle jeglichen Lebens. Alte angepasste Landsorten werden heute von Hybridsaatgut verdrängt. Die alte bäuerliche Welt stößt auf die Versprechungen der schönen Welt des Agrobusiness. Während die kenianische Regierung auf modernes Saatgut setzt, vor allem in der Maisernte, kritisieren im Film befragte Experten und Kleinbauern den Hype um das moderne Saatgut, das gleich im Paket angeboten wird: Saatgut, Dünger und Pestizide als Geschäftsmodell mächtiger Saatguthersteller. Im traditionellen Saatgut, so die Argumentation, steckt das Jahrtausend alte Wissen der Bauern und Bäuerinnen, angepasst an die lokalen, sozialen und biologischen Bedingungen und Voraussetzungen. Der Film lässt Experten zu Wort kommen, die vehement kritisieren, dass die Bauern, die ihr Saatgut vermehren und tauschen, kriminalisiert werden. Ins Spiel kommt das UPOV-Abkommen. Das Vertragswerk schützt Züchtungen vor illegalen Kopien und soll eine einheitliche Rechtslage schaffen. Der Konflikt ist vorprogrammiert: Für die Industrie gilt es als ein Grundstein für neue Investitionen auf dem Kontinent. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 70 Prozent der Landbevölkerung, die seit Generationen traditionelle Sorten frei verwendet, ein hohes Risiko eingeht, bestraft zu werden. Am Beispiel Saatgut zeigen sich die Fallstricke einer Praxis, die eine technisch geprägte industrielle Landwirtschaft über das Erbe einer uralten bäuerlichen Kultur erhebt. Am Beispiel einer kleinen Farm vermittelt der Film dann doch noch eine optimistische Botschaft. Den Bauernfamilien ist es gelungen, ihre Produktionsweise zu diversifizieren und die durch die monokulturell ausgerichtete Landwirtschaft ausgelaugten Böden durch bodenfreundliche Prinzipien wieder fruchtbar zu machen.

Teil 3: Auf der Suche nach Nachhaltigkeit

Wir müssen an diesem Punkt zusammenhalten
Damit es uns auch so gut geht wie den Reichen
Reiche Menschen dieser Welt. Bitte verschwendet keine Lebensmittel!
Gebt sie den weniger glücklichen
Nur eine Art von Nahrung macht uns krank
Ihr esst Pizza. Wir essen nur eine Sorte von Essen …

(Für den Film produzierter Song des kenianischen Rappers Makwekwe)

Inhalt

„Wenn wir es an einem Ort wir hier schaffen, in Nordkenia, dann können wir es überall schaffen“ (Jess de Boer)

Kenias Norden ist heiß und trocken. Die Lebensbedingungen sind hart. Nomaden ziehen mit ihren Herden über die Landstriche. Ihre Herden werden immer wieder von großen Dürren vernichtet. Das Fleisch der Tiere ist ein wichtiges Nahrungsmittel. Die Arbeit der Nomaden ist Männersache. Wasser ist ein kostbares Gut, dessen Verteilung von Brunnenchefs geregelt wird. In dieser kargen Region, die immer wieder von Dürreperioden und Zeiten von Hunger und Mangel heimgesucht wird, versuchen Enthusiasten in dem Projekt „Barefoot Solutions“ den kargen Boden wieder zum Leben zu erwecken. Einer der Pioniere ist Jackson, der nach anfänglicher Skepsis, ob es gelingen kann, in dieser Gegend eine eigenständige ökologische Versorgung aufzubauen, der lokalen Bevölkerung den Anbau von Gemüse und Obst nahebringen will. Jacksons Mitstreiterin ist die sympathische Jess de Boer. Sie bearbeitet, gemeinsam mit dem ebenfalls gebürtigen Kenianer Iwan Liemann, mit unkonventionellen sozialökologischen Methoden (Kompostierung, organischem Dünger und traditionellem Saatgut) die Erde. Vorgestellt wird das System des Sack-Gartens. Stolz zeigt die junge Frau auf kleine Tomaten, die am Strauch hängen. „Es funktioniert! Es funktioniert“. Langfristig erhofft sich das Team, dass die Rückbesinnung auf traditionelle Ernährungswege dazu beitragen kann, dass Kenia seine Bevölkerung irgendwann selbst ernähren kann und auch in Gegenden wie in Nordkenia ohne Lebensmittelhilfe aus dem Ausland auskommt.

Auf der Farm erholt sich die Natur langsam, erste Früchte werden geerntet und verlorene Arten kommen zurück, erzählt Iwan Liemann: „Wir wollen mit dem Land und der Bevölkerung zu heilenden Kräften werden. Wir wollen mehr als Nachhaltigkeit erreichen“.

Eine ständige Herausforderung ist die Bewässerung. Iwan bemüht sich, mit den Nomadenhirten und den Brunnenchefs gut auszukommen. Ortswechsel: Ein Bio-Markt in Nairobi. Doch die einheimischen Kenianer kommen selten. Denis Andaye, der Marktleiter, will biologisch angebaute Produkte aus der Marktnische holen. Er ist genauso wie Professor Prof. Mbaria davon überzeugt, dass die Regierung etwas unternehmen muss, um die Nahrungsmittel sicher zu machen und die Bevölkerung vor möglichen Gesundheitsschäden zu schützen. In Kenia wird weniger als ein Prozent der Landfläche biologisch bewirtschaftet. Für viele Bauern könnte sich der Umstieg auf Ökolandbau langfristig lohnen. Das meint auch Kamano Kiari. Er betreibt ökologischen Landbau, hat in eine Bewässerungsanlage investiert und es geschafft, die Felder seiner Eltern in ein Paradies zu verwandeln. Mit fünf Fruchtfolgen ist er Selbstversorger für seine große Familie und die Arbeiter auf seiner Farm: Es ist immer etwas zu essen da.

Bewertung

Die Frage der Ernährungssicherheit ist untrennbar mit der Frage verbunden, was wir essen. Im Verlaufe der Geschichte hat sich die Zahl der Kulturarten, die 90% der Menschheit essen, von 80.000 Grundnahrungsmittel auf 9 reduziert! Für die Protagonisten des Films steht Mangel- und Fehlernährung im Zusammenhang mit einer fatalen Fehlentwicklung, die den Entwicklungspfad des Westens blind kopiert und den konkreten wie spirituellen Bezug zur Natur und Erde verloren hat. Durch Rückbesinnung auf das eigene Wissen und die eigene Kultur hat Kenia, davon sind die Protagonisten im Film überzeugt, das Potenzial (nicht nur in Afrika) zu einem Vorreiter für Ernährungssicherheit werden: Die Welternährung, so zeigt der Film, hängt nicht von einer Industriegesamtlösung ab, sondern viele Chancen liegen in einzelnen individuellen Anpassungen. Der Verzicht auf Pestizide, die Besinnung auf alte Sorten, Agrarökologie und nicht zuletzt der bewusste Konsum und Einfluss von VerbraucherInnen ist Teil einer Bewegung, der sich weltweit immer mehr Menschen anschließen. Aber gelten für Kenianer und Europäer andere Standards in der Ernährungssicherheit? Für den kenianischen Gemüseverkauf ist Europa ein interessanter Markt. Doch die EU schützt sich, nicht zuletzt auf den Druck des europäischen Verbrauchers hin, mit hohen Standards bei der Einfuhr und achtet bei Gemüse streng auf Pestizidrückstände. Es ist ein Fiasko für den kenianischen Markt, wenn Grenzwerte überschritten werden. Solche Produkte können nicht exportiert werden und landen auf dem lokalen Markt, wo es keine Kontrollen gibt. Gesundheitsschäden werden in Kauf genommen. Wann werden sich die Verbraucher in Kenia dagegen wehren und gesundes Essen fordern? Hieran ergeben sich zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Diskussion über globale Verantwortung über den eigenen Tellerrand hinaus.

Autorin: Cornelia Wilß
Redaktion: Bernd Wolpert
02/2020